Ein Delegationsbericht über die Erfahrungen während der Newrozfeierlichkeiten 2013
Mo. 15. Juli 2013
19:30 Uhr | Johanniscafé Dorfen
Veranstalterin: AG International Dorfen
Vom 15. - 25. März befanden sich knapp 25 deutsche, kurdische, türkische und palästinensische Jugendliche auf einer Delegationsreise in Kurdistan. Organisiert wurde die Delegation vom Verband der Studierenden aus Kurdistan – YXK. Die TeilnehmerInnen kamen aus verschiedenen linken Organisationen, unter anderem vom YXK, der DKP und Interventionistischen Linken oder sie waren unorganisiert. Alle einte der Drang mehr über Kurdistan, mehr über den Aufbau einer alternativen Gesellschaft zu erfahren, um diese Eindrücke nicht nur in Deutschland bekannt zu machen, sondern diese Erfahrungen auch in der politischen Arbeit vor Ort anzuwenden.
Millionen von Menschen warteten an Newroz, dem kurdischen Neujahrsfest, gespannt auf die Erklärung von Abdullah Öcalan, die in Diyarbakir vor zwei Millionen Menschen verlesen wurde. In einer historischen Erklärung rief er die kurdische Freiheitsbewegung zum Waffenstillstand auf.
In 10 Tagen sammelte die Delegation Informationen und Eindrücke über die kurdische Freiheitsbewegung, über die Kämpfe der Jugendlichen und Studierenden, über die Frauenbewegung, aber vor allem auch über die derzeitigen Friedensverhandlungen.
„Wir wollen Frieden, aber wir haben Zweifel an der Ernsthaftigkeit der AKP-Regierung“. Dieser Satz prägte alle Gespräche mit der Bevölkerung, AktivistInnen und PolitikerInnen.
Kurdistan wird das Siedlungsgebiet kurdisch sprechender Menschen genannt. Es erstreckt sich über die Osttürkei, den Nordosten Syriens, den Westen Irans sowie den Nordirak und umfasst etwa 15 bis 20 Millionen Menschen. Mit einer Ausnahme der sehr kurzlebigen und kleinen Republik Mahabad (1946) gab es nie einen kurdischen Staat, d.h. die Kurden und Kurdinnen waren in ihren jeweiligen Staaten eine mehr oder minder große und unterschiedlich stark diskriminierte Minderheit.
Die 1978 in der Türkei gegründete PKK (Kurdische Arbeiterpartei) kämpfte Jahrzehnte für einen eigenen kurdischen, sozialistischen Staat. Im Kampf zwischen türkischem Staat und kurdischer Guerilla sind bislang mehrere zehntausend Menschen umgekommen. Heute, 14 Jahre nach der Verhaftung und Inhaftierung ihres Vorsitzenden Öcalan strebt sie eine Föderation autonomer kurdischer Regionen an. In Deutschland ist die PKK seit 1993 verboten. Im Norden des irak existiert eine Autonome Region Kurdistan, die wirtschaftlich v.a. von den Einnahmen der üppigen Erdölvorkommen lebt und politisch von den Parteien PUK (sozialdemokratisch) und PDK (konservativ) regiert wird. Türkisches Militär dringt regelmässig in die nördlichen Gebiete zur Bekämpfung der dorthin zurückzo- genen PKK-Guerilla ein.
In Syrien leben etwa 2 Millionen KurdInnen, v. a. in der Grenzregion zur Türkei. Nach Jahrzehnten der Diskriminierung stehen die politischen Organisationen derzeit weder im Lager von Assad noch dem der Freien Syrischen Armee. Vielmehr nutzte insbesondere die Schwesterpartei der PKK, die PYD, die Schwäche des Assad-Regimes zur Übernahme von Hoheits- und Verwaltungsfunktionen entlang der türkischen Grenze.
Die ca. 4,5 Mio. KurdInnen im Iran können ihre Sprache und Kultur praktizieren, sofern sie nicht mit nicht-islamischen oder politisch-oppositionellen Bestrebungen einhergehen. V. a. die iranische Schwesterpartei der PKK, die PJAK, wird vom Mullah-Regime mit allen Mitteln bekämpft. Das kurdische Neujahrsfest Newroz, das jährlich am 21. März gefeiert wird, hat sich v.a. in der Türkei zu einer politischen Manifestation gegen die Unterdrückung von Kurden und Kurdinnen entwickelt.