Im Wahlkampf scheint es mit Ausnahme der AfD nur noch Klimaschutz-Parteien zu geben. Alle geben vor, durch den Wechsel von fossilen zu regenerativen Energien und die Entwicklung neuer Technologien eine kontinuierliche Reduzierung von Treibhausgas(THG)-Emmisionen und damit eine Klimaneutralität Deutschlands anzustreben. Die GroKo-Parteien bis 2045, die FDP bis 2050, Grüne und Linke bis 2035. Zwar schlagen sie dazu unterschiedliche Maßnahmen und Fristen vor, jedoch sind sich alle mehr oder wenig in einem wichtigen Punkt einig: Die Wirtschaft muss dabei weiter wachsen. Auch die Linke möchte nicht mit diesem Dogma brechen, zeigt sich aber zumindest in Teilen offen für Debatten über die Notwendigkeit eines stagnierenden oder gar negativen Wachstums („Degrowth“).

Was von den Beteuerungen der GroKo-Parteien zu halten ist, lässt sich an ihrer Regierungspraxis ablesen, also was seit dem Pariser Klima-Abkommen 2015 in Deutschland passiert ist: Der sogenannte „1,5°-Pfad“, also der Weg zur in Paris vereinbarten Limitierung der Erderwärmung auf 1,5° wird krass verfehlt: Es werden Jahr für Jahr etwa doppelt so viele Treibhausgase emittiert, wie der 1,5°-Pfad erlaubt. Kein Wunder, die Regierung scheut vor „allzu rigiden Maßnahmen“ (siehe TV-Magazin Kontraste vom 26.8.) zurück. Konkret weigert sie sich etwa den Kohleausstieg vorzuziehen, den Luftverkehr stark einzuschränken, Verbrenner-Autos durch umfangreichen Ausbau des ÖPNV auszubremsen und ein Tempolimit auf Autobahnen zu erlassen. Warum? Um Konzerne nicht zu belasten, keine Wähler*innen zu vergraulen und Deutschland für „Investoren“ und „Anleger“ weiter maximal rentabel zu halten. Diese Parteien sind offensichtlich nicht in der Lage,  die sich aus einer wissenschaftlich-langfristigen Analyse ergebenden, klimapolitisch notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, weil sie mit dem auf kurz- und mittelfristige Profite orientierten Kapital engstens verwachsen sind.

Die Wissenschaft ist sich weitgehend einig, dass der Klimawandel Folge einer jungen, etwa 200 Jahre alten Daseinsweise der Menschheit auf der Erde ist. Davor gab es über 11000 Jahre sehr konstante ökologische Bedingungen. Aber mit Beginn der Industrialisierung intensivierte sich der Stoffwechsel der Menschheit mit der Natur in bis dahin unvorstellbarer Weise: Immer mehr wurde gegraben, gebohrt, gebaggert, gebaut, kanalisiert, geschürft, produziert und emittiert. Weil diese hyperdynamische Entwicklung darauf beruhte (und beruht), dass Reiche ihr frei verfügbares Geld in jedes Projekt oder Geschäft stecken, das verspricht, aus dem investierten Geld noch mehr Geld bzw. Kapital zu machen, wird diese Epoche zurecht Kapitalismus bezeichnet.

Um das 1,5°-Ziel zu erreichen wäre eine enorme Reduktion der Treibhausgase in der Atmosphäre notwendig, sprich ein schrumpfender Stoffwechsel der Menschheit mit der Erde. Ist das in einem auf Wachstum programmierten Kapitalismus möglich? Ja, sagen nicht nur Grüne sondern das Gros der bürgerlichen Parteien. Eine Green Economy mit Energiewende, neuen Technologien und Bepreisung natürlicher Ressourcen könne das Wachstum vom Naturverbrauch entkoppeln und so eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft ermöglichen. Doch auch Windkraftanlagen, Solarpaneele und Batterien benötigen Unmengen an Ressourcen und viele technische Effizienzsteigerungen werden erfahrungsgemäß durch Reboundeffekte aufgehoben oder relativiert. Auch Verschmutzungsrechte haben bisher kaum eine Wirkung gezeigt. Seit 30 Jahren versucht der Weltkapitalismus grüner und nachhaltiger zu werden, aber die Lage wird immer bedrohlicher.
Außer der Hoffnung überzeugter Marktwirtschaftler*innen spricht nichts dafür, dass es einen klimaneutralen Kapitalismus geben kann. Um eine Chance im Kampf gegen die Klimakatatrophe zu haben, muss mit dem Wachstumswahnsinn gebrochen werden und weil es einen Kapitalismus ohne Wachstum nicht geben kann muss effektive Klimapolitik antikapitalistisch sein.

Buchtipp:
„Klima, Chaos, Kapital -
Was über den Kapitalismus wissen sollte, wer den Planeten retten will“
von Matthias Martin Becker
184 Seiten, PapyRossa

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