In diesem Jahr wird die linke Solidaritätsorganisation Rote Hilfe (RH) 100 Jahre alt. Mit einer Jubiläumsgala und 300 Gästen im Ballsaal des Millerntor-Stadions auf St. Pauli gings los, viele weitere Veranstaltungen, Filmvorführungen und Ausstellungen der Ortsgruppen werden das ganze Jahr über bundesweit folgen,  in Landshut z.B. am 26.3. im Landshuter Infoladen.

Geschichte der Roten Hilfe

1924 wurde die Rote Hilfe Deutschland (RHD) als reichsweite Organisation gegründet, nachdem es drei Jahre zuvor bereits regionale Rote-Hilfe-Komitees gab, die mehr oder weniger koordiniert und dauerhaft Unterstützung für die Familien von politischen Gefangenen organisierten. In der Weimarer Republik wurde die RHD zu einer großen linken Solidaritätsorganisation, die Ende 1932 fast eine Million Mitglieder umfasste. Trotz ihrer engen Verbindung zur KPD unterstützten Menschen aus verschiedenen Spektren der ArbeiterInnenbewegung ebenso wie linke Prominente die Hilfe für die politischen Gefangenen und ihre Familien oder einzelne Kampagnen der Roten Hilfe.

Nach dem Verbot im Frühjahr 1933 arbeiteten viele RHD-AktivistInnen in der Illegalität weiter. Für die zahllosen KZ-Häftlinge und ihre Angehörigen wurden Spenden gesammelt, verfolgte AktivistInnen und untergetauchte FunktionärInnen mussten mit illegalen Quartieren versorgt oder heimlich über die Grenze ins Exil gebracht werden. Im benachbarten Ausland organisierten Büros der RHD Schlafplätze und materielle Hilfe für die EmigrantInnen und unterstützten die konspirativen Gruppen im Reichsgebiet mit Druckschriften und Geld. Die Widerstandsgruppen der Roten Hilfe erstellten Zeitungen und verteilten Flugblätter, die zum Protest gegen den NS-Terror aufriefen und die praktische Solidaritätsarbeit propagierten. Viele Rote Helferinnen und Helfer bezahlten diese Arbeit in der NS-Zeit mit ihrem Leben. 

Nach der Befreiung vom NS-Faschismus dauert es einige Jahrzehnte, bis die Rote Hilfe im Zuge der 68er-Bewegung wieder auferstand. So gründeten sich in den 1970ern drei eigenständige Rote Hilfe Organisationen, von denen zwei Anbindung an die maoistischen Parteien KPD/AO (Rote Hilfe e.V.) und KPD/ML (Rote Hilfe Deutschlands) hatten. Die dritte nannte sich rote hilfe_ und war parteiunabhängig. Allerdings waren sie mit jeweils maximal 2000 Mitgliedern weit davon entfernt, Massenorganisationen wie die RHD in der Weimarer Republik zu sein. Während sich Rote Hilfe e.V. und rote hilfe_ bald wieder auflösten schaffte es die Rote Hilfe Deutschland nicht nur in die 80er Jahre sondern um 1986 auch die Trendwende aus der Krise zur Neuformierung als Rote Hilfe e.V. und Öffnung für Menschen aus verschiedenen linken Milieus wie die Anti-AKW-, die Frauen- oder die Friedensbewegung, die Antifa oder die Gewerkschaftsbewegung.

So konsolidierte sich die Organisation und legte zunächst ein langsames und ab Mitte der 90er ein rasantes Wachstum hin: Im Jahr 2000 hatte die Rote Hilfe bereits an die 4000 Mitglieder und 33 Ortsgruppen. Der Trend hielt an und weitere Ortsgruppen wurden von neuen Mitgliedern gegründet, 2009 auch die Ortsgruppe Landshut. Heute gibt es bundesweit über 15000 RH-Mitglieder, mehr als 50 Ortsgruppen und ein eigenes Haus mit Geschäftsstelle, in der einige hauptamtliche Genoss:innen arbeiten.

Was macht die Rote Hilfe heute?

In §2 der Satzung wird der Zweck des Vereins genannt: „Die Rote Hilfe ist eine parteiunabhängige, strömungsübergreifende linke Schutz- und Solidaritätsorganisation.
"Die Rote Hilfe organisiert nach ihren Möglichkeiten die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit oder Weltanschauung, die in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund ihrer politischen Betätigung verfolgt werden. Politische Betätigung in diesem Sinne ist z.B. das Eintreten für die Ziele der Arbeiter_innenbewegung, die internationale Solidarität, der antifaschistische, antisexistische, antirassistische, demokratische und gewerkschaftliche Kampf sowie der Kampf gegen Antisemitismus, Militarismus und Krieg. Unsere Unterstützung gilt denjenigen, die deswegen ihren Arbeitsplatz verlieren, Berufsverbot erhalten, vor Gericht gestellt und zu Geld oder Gefängnisstrafen verurteilt werden oder sonstige Nachteile erleiden.“

Dementsprechend bieten Ortsgruppen Rechtsberatung an, vermitteln solidarische Anwält:innen, organisieren Unterstützung bei Strafbescheiden und halten Kontakt zu Leuten, die im Knast sitzen. Eine Vielzahl an Publikationen, darunter die viermal jährlich erscheinende Rote-Hilfe-Zeitung, informieren zum Thema politische Repression und wie wir solidarisch damit umgehen können.


rote-hilfe.de

landshut.rote-hilfe.de

Termine

9.05.24 | 19:00
| Film

Green Border
Taufkirchen, Kinocafé
12.06.24 | 19:00 - 21:00
| Hybridveranstaltung

Europa auf dem Weg nach Rechts
München, EineWeltHaus + Online

"Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?"

Bertolt Brecht

Aus "Lob der Dialektik"