Zur Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober
Da es voraussichtlich gegenüber der letzten Wahl keine großen Veränderungen geben wird, stellt sich die Frage, ob man die Wahl nicht ignorieren sollte. Ich persönlich hielte das für falsch, weil es auch um die Frage geht, die in unserem politischen Zusammenhang immer schon kontrovers beantwortet wurde: wählen oder nicht wählen. Wozu wählen, wenn eh keine Veränderungen zum Positiven zu erwarten sind?
Als vor fünf Jahren der aktuelle Landtag gewählt wurde, gab es in Berlin noch die Große Koalition zwischen CDU/CSU und SPD unter der Kanzlerin Angela Merkel. Dass die Regierungsparteien in Berlin bei der Landtagswahl abgestraft wurden, überraschte niemand. Dass es aber für sie so bitter kommen würde, damit rechneten zumindest christ“soziale“ und sozialdemokratische Anhänger wohl kaum. Die CSU erzielte mit 37,2 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950 und verlor im Vergleich zu 2013 10,4 Prozentpunkte. Vor allem in den Großstädten fiel ihr Einbruch dramatisch aus. In München bekam sie gerade mal 25 Prozent, während die Grünen über 30 Prozent verbuchen konnten. Die SPD schaffte es, ihr Ergebnis zu halbieren und unter die 10 – Prozent – Schwelle zu rutschen. Insgesamt konnte der konservativ-rechte Block trotzdem eine deutliche Mehrheit vorweisen. Die Verluste der CSU kamen den Freien Wählern (11,6) und der AfD (10,2) zugute. Also eine leichte Umgruppierung in diesem Lager. Soziale Themen waren im Wahlkampf eher randständig. Die FDP musste in der Wahlnacht lange um den Einzug in den Landtag zittern, schaffte es dann aber doch noch mit knappen 5,1 Prozent. Die Linkspartei verfehlte den Einzug ins Parlament mit 3,2 Prozent wieder einmal deutlich. Die CSU war – trotz schlechtem Wahlergebnis - in der komfortablen Lage, unter mehreren Koalitionsinteressenten auswählen zu können. Es kam zu einer raschen Einigung mit den ebenso wirtschaftsliberalen Freien Wählern. Inzwischen sind fünf Jahre vergangen. Die Große Koalition in Berlin ist seit 2021 Geschichte. Sie wurde abgelöst durch die sog. Ampelregierung von SPD, Grüne und FDP. Die AfD sitzt dick im Berliner Parlament und auch im Münchner Maximilianeum. CDU/CSU tun sich schwer, im Bundestageine Oppositionsrolle einzunehmen, da die Regierung unter SPD-Kanzler Scholz seit Anfang 2022 eine Politik der massiven Aufrüstung betreibt und Finanzminister Lindner von der FDP die Zügel bei Sozialetats anlegt. Alles Dinge, die den christsozialen Parteien den Wind aus den Segeln nimmt. Die Grünen, die noch im Wahlkampf keine Rüstungsgüter in Kriegs- und Krisengebiete schicken wollten, kriegen sich inzwischen bei ihren Forderungen nach immer und mehr schwereren Waffen in eben diese Gebiete nicht mehr ein. Die AfD lehnt zwar Waffenhilfe für die Ukraine und Wirtschaftssanktionen gegen Russland ab, will aber einer Aufrüstung Deutschlands nicht im Wege stehen, aber nur für deutsche Interessen. Bleibt nur noch die kleine Fraktion der Partei Die Linke als Opposition. Allerdings scheint es hier einige Abgeordnete zu geben, die in der Frage der Waffenlieferungen wackeln und immer noch in Richtung Rot-Rot-Grün blinken. Außerdem ist die Partei sehr mit lähmenden innerparteilichen Querelen beschäftigt, die Ende des Jahres zur Abspaltung des „Wagenknecht-Flügels“ führen könnte.
Vor diesem Hintergrund findet die Landtagswahl in Bayern statt.
Welche Tendenzen kann man aktuell feststellen? Die Wahlumfragen der verschiedenen Institute zeigen folgende Trends zum 20. August:
Die CSU könnte gegenüber dem schlechten Abschneiden bei der Wahl von 2018 mit 38,1 Prozent auf niedrigstem Niveau geringfügig zulegen. Die Grünen würden für ihre Fehlleistungen in der Bundesregierung mit 13,9 deutlich abgestraft. Für die in Berlin mitregierende FDP würde es mit 3,6 Prozent nicht mehr für den Einzug reichen. Immerhin ein kleiner Lichtblick! Die SPD könnte sich auf dem grottenschlechten Stand der letzten Wahl bei 10,4 Prozent „stabilisieren“. Aiwangers Freie Wähler könnten nach seinem Erdinger „Glanzauftritt“ mit 12,4Prozent leichte Gewinne verbuchen. Spannend wird die Frage, ob Aiwangers Fehltritt aus seiner Jugendzeit den Freien Wählern Stimmen kosten oder zusätzliche Stimmen bringen wird. Nach dem Motto: A Hund is er scho! Die AfD sieht mit großer Erwartung auf den Wahltag. Sie könnte mit 15,2 Prozent einen deutlichen Sprung nach vorne machen. Sie wäre damit zweitstärkste Fraktion im Landtag. Und die Linke könnte es schaffen, ihr letztes Ergebnis mit jetzt 1,8 noch einmal zu halbieren. Natürlich ist bei Umfragen Vorsicht geboten. Eins ist aber klar, wir werden nach der Wahl sehr schnell wieder die alte Regierung haben: CSU mit Freie Wähler unter Ministerpräsident Söder. In den nächsten Wochen wird sich zeigen ob Aiwanger weiterhin die Riege der FW anführen wird und den Posten als Stellv. Ministerpräsident in Anspruch nimmt. Wie auch immer, Bayern bleibt im rechten Fahrwasser. Leichte Verschiebungen im bürgerlichen Block gab‘s schon immer. Kein deutlicher Rechtsruck, wenn den Umfragen zu glauben ist. Denn rechts tummeln sich schon zu viele. Aber was heißt das für uns hier in Dorfen?
Wie war die Situation in Dorfen vor der Landtagswahl 2018?
Die AfD hatte sich vorgenommen, durch massive Veranstaltungspräsenz in Dorfen aufzutrumpfen. Denn nur in Dorfen musste sie innerhalb des Landkreises mit Widerstand rechnen, und den galt es ihrer Meinung nach zu brechen. Im Vorfeld wurden breit diskutiert, wie der AfD erfolgreich entgegengetreten werden könnte. Man entschied sich für ein breites Bündnis von Parteien (SPD, Grüne, CSU) und Initiativen (Flüchtlingshilfe, Dorfen ist Bunt) und für eine gemeinsame Veranstaltung, die dann auch im April im Gasthaus am Markt stattfand. Referenten waren Thies Marsen, BR-Rechtsextremismus-Experte und Schorsch Wiesmaier von der Geschichtswerkstatt. In der anschließenden Diskussion brachte eine Gruppe von anwesenden AfD Aktivisten den CSU-Bürgermeister Grundner mit rechten CSU-Parolen in Bedrängnis. Wir von der AGI hatten uns an dem Bündnis nicht beteiligt. Ein gemeinsames Bündnis etwa mit der CSU kann nicht zielführend sein. Wir setzten auf eine andere Aktion, die sich zwei Wochen später bewähren sollte. Als nämlich der AfD MdB Hans-Jörg Müller, ein Höcke-Flügel-Mann, im selben Gasthaus referieren wollte, traf er auf einen Raum, der zu zwei Drittel von Demonstranten besetzt war. Es sollte die erfolgreichste Aktion gegen die AfD werden. Die Presse, vor allem die Regionalausgabe der SZ berichtete ausführlich und verärgerte damit den AfD Kreisvorsitzenden so sehr, dass er dem Journalisten der SZ ein Hausverbot und ein Fotografierverbot erteilte. Prima! Mit dieser Reaktion blamierte sich die Erdinger AfD bundesweit. Sogar der Dorfener Anzeiger/Münchener Merkur sah sich veranlasst, eine Solidaritätserklärung für die SZ abzugeben. Das Landratsamt sah sich gezwungen, im Falle einer tatsächlichen Aussperrung, ein Ordnungsgeld von bis zu 3000 € in Aussicht zu stellen. AfD Kreisvorsitzender Kellermann legte darauf den Rückwärtsgang ein. War natürlich alles nicht so gemeint. Was war sonst noch? Die Infostände der AfD wurden von uns und und einem Unterstützerkreis mit einer Rote-Schirm Aktion „abgeschirmt“. Ziel war es, die AfD zu isolieren und den Aufbau einer kommunalen Struktur zu verhindern.
Die AfD stets gegen die Interessen der abhängig Beschäftigten
Die AfD ist inzwischen im Dorfener Stadtrat mit einem eher unauffälligen Mitglied vertreten, und die Aktivitäten der Partei hielten sich die letzten Jahre sehr in Grenzen. Aber unabhängig davon, was die AfD hier und anderswo tut oder nicht tut, wird sie bei der Landtagswahl zulegen, weil sie von zu vielen als Protestalternative wahrgenommen wird. Das hat zwar mit der Realität wenig zu tun, weil die AfD in den entscheidenden Fragen ähnliche Positionen vertritt wie die von ihr bekämpften sog. Altparteien. Auch sie ist eine neoliberale Partei, die im Bundestag bei Abstimmungen stets gegen Verbesserungen im Sozialbereich stimmt. Abhängig Beschäftigte haben von dieser Partei nichts, aber auch gar nichts zu erwarten. Deshalb muss die Auseinandersetzung mit dieser Partei so geführt werden, dass die Interessen der abhängig Beschäftigten im Mittelpunkt stehen. Das gilt auch und besonders in den Wochen vor der Landtagswahl.